Tiengen

Sehenswürdigkeiten in Tiengen

Die prächtige Pfarrkirche in Tiengen ist ein Spätwerk des berühmten Vorarlberger Barockbaumeisters Peter Thumb (1681 – 1766). Gebaut wurde sie von 1753 – 1755, wobei der untere Turmteil vom gotischen Vorgängerbau übernommen wurde, weshalb dieser vom restlichen Erscheinungsbild der Kirche abweicht. Die Rokoko-Stukkaturen stammen vom Wessobrunner Meister Johann Georg Gigl und die Deckenmalereien wurden vom jungen Eustachius Gabriel aus Oberschwaben gemalt. Die großen Fresken zeigen u.a. die Himmelfahrt der Maria, die Verklärung Christi und die als Stadtpatrone verehrten Sebastian und Agatha. Eine Besonderheit sind die diversen Embleme mit Sprüchen antiker Autoren, die passenden Bibelzitaten zugeordnet sind. Die ganze Pracht des Barock und die lange Erfahrung des Baumeisters blühen in diesem eindrucksvoll harmonischen Baukunstwerk trotz schlichter Fassade noch einmal auf. Während des Kulturkampfes von 1874 bis 1883 wurde die Kirche von der altkatholischen Gemeinde genutzt.

Das Tiengener Schloss besteht aus drei Teilen, dem „Alten Schloss“, dem „Neuen Schloss“ und dem „Kleinen Schloss“. Es geht zurück auf eine Burg der Herren von Krenkingen, die seit dem 13. Jahrhundert belegt ist. Bei einer Belagerung durch eidgenössische Truppen 1499 wurde die Burg zerstört und Mitte des 16. Jahrhunderts wieder aufgebaut. Das „Alte Schloss“ bildet den nördlichen Teil der Gesamtanlage und beinhaltete den Wohnturm der alten Burg. Heute befindet sich in den Räumen das Klettgau-Museum mit einer heimatkundlichen Sammlung mit archäologischen Fundstücken von Grabungen im Klettgau und dem „Jüdischen Zimmer“ mit der Geschichte des Judentums in Tiengen. Der südliche Teil des Schlosses, das „Neue Schloss“, wurde erst im Zuge des Wiederaufbaus im 16. Jahrhundert errichtet. Zu dieser Zeit war es Residenz der Grafen von Sulz, wurde aber im 30jährigen Krieg erneut zerstört. In den darauf folgenden Jahrzehnten wurde es in Anlehnung an das Vorgängergebäude wieder aufgebaut. Seit 1687 gehörte es den Fürsten von Schwarzenberg und im 18. Jahrhundert wurde das Innere barockisiert. Der Landesherr selbst residierte nicht mehr dauerhaft in Tiengen und im Schloss wurden Regierungsbeamte untergebracht. Ab 1806 gehörte Tiengen zu Baden und das Schloss wurde zum Verwaltungsgebäude des neuen Staats. Heute befindet es sich in Privatbesitz. Im Schlosskeller finden häufig kulturelle Veranstaltungen statt und auch der Schlosshof wird gerne für Sommerkonzerte oder ähnliche Anlässe genutzt. Das „Kleine Schloss“ war einst die Kanzlei und liegt im nordöstlichen Teil der Anlage. Zeitweilig diente es auch als Archiv, seit dem 19. Jahrhundert wird es von der katholischen Kirche als Kaplanei genutzt.

Erstmals in Quellen erwähnt wird der Brunnen im 17. Jahrhundert. Er wird auch „Oberer Brunnen“ genannt. Die wohl erste Brunnenfigur wurde 1723 geschaffen und bestand aus Holz. Zwölf Jahre später wurde sie durch eine von Joseph Dietsche in Stein gemeißelte St. Josephs Figur mit Jesuskind auf dem Arm ersetzt. Wie auch im Fall der Marienfigur auf dem Unteren Brunnen kam im 20. Jahrhundert ein Duplikat, von August Gremper gefertigt, an deren Stelle.

Als Nachfolger des alten Tiengener Rathauses in der Turmgasse wurde das Gebäude um 1582 erbaut. Die Abhebung des Rathauses von den angrenzenden Häusern erfolgte durch das steile Satteldach und das weit hervorragende Konsolen-Dachsims. Im Erdgeschoss befanden sich Verkaufsräume. Anfangs gab es in der Mitte des ersten Obergeschosses vor dem Ratssaal einen Erker, der für Verkündigungen genutzt wurde. Heute findet sich an dieser Stelle ein schmiedeeiserner Balkon. Die Fassade wurde im Jahre 1827 durch Paul Fritschi vollständig klassizistisch umgestaltet.

Das Gasthaus gilt als ältestes Gasthaus Tiengens, erstmals erwähnt wurde es schon 1146, als im Dezember Bernhard von Clairvaux im Rahmen seiner Predigtreise nach Tiengen kam, um für den Zweiten Kreuzzug zu werben. Im heutigen Gasthaus „Hirschen“ soll er genächtigt haben, möglicherweise war es damals ein Hof des Klosters St. Blasien. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert beherbergt das Gebäude das Gasthaus „Hirschen“. Zu der Gaststätte, damals die größte im Ort, gehörte auch ein umfangreicher landwirtschaftlicher Betrieb. Das Grundstück reichte früher über die Priestergasse hinaus und beinhaltete noch Ökonomiegebäude, die heute nicht mehr vorhanden sind. Später erfolgte eine Umgestaltung in Barock und Klassizismus. Bei Umbauarbeiten entdeckte man eine brandgeschwärzte Mauer, die Wohl auf den Brand von 1499 zurückgeht. Das Sgraffito (eine bestimmte Dekorationstechnik zur Bearbeitung von Wandflächen) an der Außenwand stammt von Albert Mutter aus den 1930er Jahren.

Das 1587 erbaute spätgotische Bürgerhaus hat einen auffälligen, für die Epoche charakteristischen, polygonalen Erker. Jener ist mit Wappentafeln geschmückt. Stiltypische Merkmale sind auch die in Dreierreihen angeordneten Steinpfostenfenster, bei welchen das mittlere jeweils überhöht ist. Zum Gebäude gehört auch ein kleiner Innenhof.

Das Mitte des 16. Jahrhunderts erbaute Wohnhaus besitzt einen auffälligen Renaissance-Erker aus Sandstein, der auch die Bezeichnung Marien-Erker trägt. In ihm stand ursprünglich eine Marienstatue. In der Tiengener Altstadt ist das „Haus Stocker“ das einzige Haus mit einer Renaissance-Bürgerhausfassade.

Der „Marien-Brunnen“, auch „Unterer Brunnen“ genannt, wird bereits im 17. Jahrhundert erwähnt. Laut dieser Quelle seien im Jahr 1415 Angreifer bis zu diesem Brunnen vorgedrungen, konnten aber wieder aus Tiengen vertrieben werden. Genau wie beim „Oberen Brunnen“, heute dem „Josephs-Brunnen“, stammte die erste Brunnenfigur aus Holz aus dem Jahre 1723. Darauf folgte 1735 eine neue Figur des Bildhauers Joseph Dietsche. Aufgrund der starken Verwitterung der Sandsteinfigur wurde sie in den 1920er Jahren durch eine von August Gremper angefertigte Kopie aus wiederstandfähigem Kalkstein ersetzt. Maria wird dargestellt mit Strahlenkrone, auf der Weltkugel mit Schlange stehend.

Die Geschichte des Judentums in Tiengen lässt sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Nachdem gegen Ende des 18. Jahrhunderts die jüdische Gemeinde in Tiengen stetig anwuchs, wurde eine neue Synagoge anstelle des früheren Betsaales in der Judengasse (heute Turmgasse) notwendig. Die Pläne für diesen Bau lieferte der Zimmermeister Bartholome Herrmann. Die Einweihung erfolgte dann im Jahre 1793. Renovationen wurden in den Jahren 1863 und 1929 durchgeführt. Das Gebäude war schlicht gestaltet und mit drei großen Bleifenstern versehen, die sowohl weiß als auch farbig verglast waren. Beim Novemberprogrom am 09. und 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge von SA-Männern zerstört. Im Jahr darauf wurde die Synagoge durch benachbarte Handwerker erworben und später völlig zu einer Werkstatt umgebaut.

Die Heilig-Kreuz-Kapelle ist seit 1509 nachweisbar. Sie war eine Stiftung der Grafen von Sulz und bereits im 16. Jahrhundert als Wallfahrtsort bekannt. Der heutige Bau stammt aus dem Jahre 1629. Der damalige Stadtpfarrer ließ 1681 das Wallfahrtskreuz restaurieren. Besondere Verehrung kam dem Gnadenbild in Kriegs- und Notzeiten zu. Gerade in der Barockzeit war die Kapelle Ziel einer regen Wallfahrt an einem Stationenweg entlang. Eine größere Renovation erfuhr die Kapelle 1855. Bis 1960 wurde sie von der altkatholischen Gemeinde genutzt. Im Jahre 1973 erfolgte eine erneute vollständige Renovation.

Das spätgotische Bürgerhaus stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Besonders auffällig sind die spätgotischen Fenster. Bis ins 19. Jahrhundert wurde der hiesige Gassenabschnitt noch als „Fischereigasse“ bezeichnet. Der herrschaftliche Fischer hatte hier, am unteren Stadtbach, sein Haus und seine Fischkästen.

Im ersten Stockwerk des 1503 erbauten Bürgerhauses befindet sich ein spätgotisches dreiteiliges Reihenfenster, das mittlere ist dabei stiltypisch überhöht. Besonders auffällig ist das großflächige Sgraffito, das sich über eine Durchgangsmauer hinweg erstreckt. Es zeigt die Einnahme der Stadt durch die eidgenössischen Truppen im Jahre 1499. Geschaffen wurde es 1938 vom Stukkateurmeister Albert Mutter. Das als Gesamtkomplex erbaute Haus wurde zwischenzeitlich geteilt und später wieder zusammengefügt.

Das Gebäude wurde nach 1299 als erstes Haus außerhalb der alten Stadtanlage gebaut. Es beherbergte ein rituelles jüdisches Frauenbad (Mikwe) des 19. Jahrhunderts im Keller. Bescheiden gestaltet hatte es nur ein kleines Fenster nach Westen hin, welches noch heute zu sehen ist. Der damals separate Eingang ist dagegen heute vermauert.

In den Jahren 1559/60 befand sich hier eine der ältesten hebräischen Druckereien im deutschsprachigen Raum. Elieser und Josef ben Herz Treves, Söhne eines Frankfurter Rabbiners, durften sich 1559 nicht in Zürich niederlassen und wichen stattdessen in die Tiengener Judengasse aus. Hier durften sie jüdische religiöse Druckschriften in hebräischer, aber nicht in deutscher, Sprache herstellen. Bereits 1560/61 gingen sie zurück nach Frankfurt. Innerhalb dieses kurzen Zeitraums wurden mindestens sechs Bücher veröffentlicht. 1568 erfolgte ein Neubau und fortan war das spätgotische Gebäude ein Patrizierhaus. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts beherbergte das Haus den Stadtvogt und später eine jüdische Metzgerei. Die Grünfläche daneben ist vermutlich ein Überrest des früheren, im 16. Jahrhundert überbauten, Marktplatzes.

Die ehemalige jüdische Schule wurde 1827 gegründet. Im Jahr 1876 musste die Einrichtung wegen der Aufhebung der Konfessionsschulen in Baden geschlossen werden. Die jüdischen Kinder gingen fortan auf die Simultan-Volksschule. Das Gebäude brannte 1915 ab.

Das herrschaftliche Gebäude diente im 18. Jahrhundert den Fürsten von Schwarzenberg als Rentei für die Finanzverwaltung der Landgrafschaft Klettgau. Von 1825 bis 1989 wurde es als Schulhaus genutzt. Besonders auffällig sind die barocken Ecklisenen rund um die Fenster.

Eine frühneuzeitliche Ölmühle ist bereits seit dem 18. Jahrhundert belegt. Die Einrichtung ist komplett aus Holz und der Pressstuhl stammt aus dem Jahre 1858. Zum Betrieb der Anlage wurde ein oberschlächtiges Wasserrad genutzt. Bis in die 1950er Jahre war die Mühle in Betrieb bis 1956 die letzte Ölmüllerin, Luise Mutter, starb. Verarbeitet wurden Ölfrüchte wie Walnüsse, Mohn, Bucheckern und Raps. Das Einzugsgebiet der Mühle erstreckte sich über den ganzen heutigen Landkreis und bis hinüber in die Schweiz. Von 1995 bis 1999 wurde das Gebäude vom „Verein zur Renovation der alten Ölmühle Tiengen e.V.“ restauriert. Heute läuft die alte Ölmühle wieder und kann im Rahmen einer privaten Führung besichtigt werden.

Der neue Friedhof außerhalb der Stadtmauern wurde im späten 16. Jahrhundert angelegt. Die Kapelle erhielt ihr heutiges Aussehen im Jahre 1691, wurde aber bereits 1571 im Zusammenhang mit der Vergrößerung der Pfarrkirche und der Verlegung des Friedhofs erbaut. Im Inneren befindet sich ein Barockaltar, an den Wänden frühneuzeitliche Grabplatten. Eine Besonderheit ist die Glocke, die ursprünglich vom Tiengener Rathaus läutete und im 20. Jahrhundert der Kirche übergeben wurde.

Ursprünglich war das Gebäude ein Wohnhaus, das zu Beginn des 16. Jahrhunderts erbaut wurde. Im Jahre 1641 wurde es für den Stadtpfarrer angemietet und 1650 ersteigert. Zwischen 1650 und 1882 diente es als Pfarrhof. Rund um das Wohnhaus, welches das größte in der Altstadt war, gab es mehrere kleinere Gebäude, die zur Lagerung von Lebensmitteln oder zur Unterbringung von Pferden und Fuhrwerk genutzt wurden. Bei einem größeren Umbau 1790 wurde die Fassade mit klassizistischen Elementen versehen.

Der „Storchenturm“ ist bekannt als Wahrzeichen der Stadt Tiengen. Er war als Eckturm Teil der Stadtbefestigung, die Mitte des 19. Jahrhunderts abgetragen wurde. Zeitweilig diente er auch als Gefängnis und war bekannt als „Diebesturm“. Seinen heutigen Namen erhielt er, weil seine 1899 aufgesetzte Haube zeitweilig ein Storchennest trug, in dem tatsächlich Storchenpaare nisteten. Heute kann das Innere des Storchenturms im Rahmen von Stadtführungen besichtigt werden.
Im Hof des „Storchenturms“ steht der „Beton Arm“, eine Skulptur des Künstlers Behrouz Varghaiyan aus dem Jahre 2008. Die Plastik aus Beton und Stahl stellt Zementsäcke dar, die in der wie Stacheldraht wirkenden Stahlfassung eingequetscht sind.

Am „Storchenturm“ findet man übriggebliebene Abschnitte der inneren Stadtmauer aus dem 13./14. Jahrhundert. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde zusätzlich ein äußerer Mauerring angelegt.

Am Eingang zur Fußgängerzone erhebt sich das imposante Löwendenkmal. Es erinnert an die Krieger des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, unter denen auch einige jüdische Einwohner waren. Das Denkmal wurde vom „Militär-Verein-Thiengen“ und der Stadtgemeinde finanziert und am 03. September 1899 enthüllt. Dargestellt wird ein eindrucksvoller, starker Löwe, der stolz auf dem Siegerkranz steht.

Das katholische Pfarrhaus wurde 1882, gegen Ende der Kulturkampf-Komplikationen, im neugotischen Stil anstelle des herrschaftlichen Marstalls aus dem 16. Jahrhundert erbaut. Im Jahre 1927 wurde das Gebäude um das Querhaus erweitert. Es hat ein recht repräsentatives Erscheinungsbild und einen großzügigen Pfarrgarten.

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts lebten evangelische Christen in Tiengen, die zumeist von den Pfarrern in Kadelburg betreut wurden. Ab 1901 bemühte sich der Kadelburger Pfarrer Hummel um einen Kirchenbau in Tiengen, wo inzwischen über 300 Protestanten lebten. Am 2. September 1906 wurde das neugotische Gebäude, das nach Plänen des badischen Kirchenbauers Rudolf Burckhardt (1851 – 1914) erbaut wurde, eingeweiht. Das Chorfensterbild „Jesus bei Maria und Martha“ stammt von Hans Drinneberg (1852 – 1931) aus Karlsruhe.

Im 18. Jahrhundert wurde in Tiengen der jüdische Friedhof angelegt. Nicht nur Tiengener Juden wurden hier bestattet, sondern auch auswärtige Mitglieder der überörtlichen Synagogengemeinde. Im November 1938 wurde auch der Friedhof von Nationalsozialisten geschändet und die meisten Grabsteine zerstört. Die Überreste ließ die Stadt in einer Stützmauer verbauen. 1998 kamen sie zurück auf den Friedhof und wurden im Jahre 2000 vom Tiengener Steinmetz und Steinbildhauermeister Uwe Jund zu einer Gedenksäule künstlerisch verarbeitet. Erhalten sind ansonsten lediglich drei Grabmale, die seit dem Wiederaufbau 1945 an der östlichen Friedhofsmauer zu finden sind.